Wer zuwenig schläft, macht nicht nur Fehler, gefährdet seine Gesundheit, hat mehr Stress und wird vergesslicher, sondern er wird auch fetter.
Schlafentzug schreibt sich ins Erbgut ein
Ist der Schlaf gestört, führe dies nicht nur zu ein wenig Müdigkeit. Vielmehr vermindere es die Leistungsfähigkeit und erhöhe das Risiko für Unfälle und chronische körperliche und psychische Erkrankungen. Nicht nur ein einzelner Tag gerät dann aus dem Takt, sondern möglicherweise das ganze Leben. Auch eine Untersuchung britischer Forscher zeigt, welche drastischen Folgen schon ein moderater Schlafmangel auf die Vorgänge im Organismus haben kann.
Derk-Jan Dijk und sein Team von der Universität Surrey wiesen kürzlich in einer Studie an 14 Männern und zwölf Frauen nach, dass eine stressige Woche mit maximal sechs Stunden Schlaf pro Nacht sich geradezu ins Erbgut einschreibt. Die Forscher wollten wissen, wie Schlafmangel die Aktivität von Genen beeinflusst. Also untersuchten sie Blut von Freiwilligen. Damit konnten sie zeigen, dass mehr als 700 Gene, also rund drei Prozent des gesamten Erbgutes, anders abgelesen werden, wenn die Probanden weniger als acht Stunden schlafen durften.
Vor allem Gene, die für Entzündungs-, Immun- und Stressreaktionen verantwortlich sind, wurden beeinflusst. Damit liefern die Forscher Hinweise darauf, über welche Mechanismen Schlafmangel die Gesundheit gefährden kann. Mithilfe der Blutproben, die den Probanden regelmäßig abgenommen wurden, konnten die Forscher zudem zeigen, dass der Schlafentzug schnell den natürlichen Rhythmus der inneren Uhr stört. Dazu maßen die Wissenschaftler die Konzentration des Schlafhormons Melatonin, das ja auch durch LED-Licht unterdrückt wird, im Blut. Bei allen Probanden bewirkte die verkürzte Schlafdauer, dass sie zu wenig Hormon während der Nacht produzierten.
Die Folge: Sie schliefen schlechter. Weil zudem am hellen Tag die Konzentration des Schlafhormons nicht hochgefahren werden kann, brachten auch unruhigere Schläfchen am Tage keine tiefe Erholung. Schichtarbeiter kennen dieses Problem, aber auch Flugreisende, die schon einmal mit einem Jetlag kämpfen mussten. Noch ein Phänomen erklären Wissenschaftler mit Schlafmangel: Übergewicht. Wer unausgeschlafen ist, verspürt morgens Heißhunger auf kalorienreiche Speisen. Im Durchschnitt summiert sich der Extraappetit auf 600 Kalorien, wie ein Team um Matthew Walker von der University of California in Berkeley nachwies.
Für das Experiment luden die Forscher 23 gesunde, normalgewichtige Probanden für zwei Nächte ins Schlaflabor ein. In der ersten durften die Teilnehmer acht Stunden lang schlafen, die zweite Nacht mussten sie durchwachen. Unausgeschlafen langten die Teilnehmer beim Frühstück vor allem bei stark zucker- und fetthaltigen Speisen zu, während sie sich nach einer erholsamen Nachtruhe ausgewogen ernährten.
Die Forscher vermuten deshalb, dass Schlafgestörte einige Kilos wegen ihres schlechten Schlafes zulegen. Auch wenn die Wissenschaft dem Phänomen des Schlafs immer mehr Geheimnisse entreißt, bleibt es ein Rätsel, warum der Körper sich ausgerechnet auf diese Weise regenerieren muss. Unbestritten ist aber, dass wir unseren Schlaf brauchen, um im Takt des Lebens zu bleiben.
Quelle. Von Silvia von der Weiden, Die Welt.